Antrag | 05.12.2018

Ausweitung der Öffnungszeiten der Kälteschutzeinrichtungen und Aufnahme in der regulären Unterbringung erleichtern

Antrag

1) Die Öffnungszeiten der Kälteschutz-Einrichtungen der Stadt werden ausgeweitet, zudem sollen dort zukünftig Kochmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.

2) Die Landeshauptstadt München schafft für alle in München lebenden Menschen die Möglichkeit, sich ab dem ersten Tag Aufenthalt beim Kreisverwaltungsreferat als in München lebend zu melden.

3) Menschen, die in der Kälteschutzeinrichtung für mehr als 3 Tage am Stück schlafen, wird eine Wohnungsgeberbestätigung ausgehändigt, mit der sie ihre Pflicht zur Anmeldung bei der Einwohnermeldebehörde erfüllen können (§ 17(1) und § 20 BMG).

Begründung:
Am 29.11. hat die Stadt München die Aufenthaltsstätten von Obdachlosen unter der Wittelsbacherbrücke und der Reichenbachbrücke geräumt. Durch die Räumung wurde den Obdachlosen vor Ort nicht nur ihr privater Besitz, sondern auch die Möglichkeit genommen, sich tagsüber selbstbestimmt in von ihnen als ausreichend erachteten dauerhaften Strukturen aufzuhalten und selbständig zu versorgen.
In einer Stellungnahme des Sozialreferats wurde auf das Angebot der 850 kostenlosen Übernachtungsplätze im Rahmen des Kälteschutzprogramms als primäres Ausgleichsangebot verwiesen. Dieses Angebot wird jedoch weniger oft als erwartet von den Betroffenen genutzt. Die dazu genannten nachvollziehbaren Hauptgründe sind die mangelnde Möglichkeit eines ganztägigen Aufenthalts und die damit verbundenen Strapazen und fehlende Konstanz der Lebensgestaltung sowie das Fehlen einer eigenen Kochstelle zur selbständigen Versorgung.
Ziel der Landeshauptstadt muss es insgesamt sein, allen nicht freiwillig auf der Straße lebenden Menschen in München die bestmögliche Unterstützung auf ihrem Weg aus der Obdachlosigkeit zukommen zu lassen. Aufgrund der Räumung der Aufenthaltsstätten und den daraus entstandenen negativen Konsequenzen für die Betroffenen steht die Stadtverwaltung in der besonderen Verantwortung, das städtische Unterstützungsangebot entsprechend niederschwellig zu gestalten und auf die Bedürfnisse dieser Menschen einzugehen.
Die zeitnahe Umsetzung einer unbürokratischen ganztägigen Unterbringung von Menschen ohne reguläre Unterkunft oder Meldeadresse in den bestehenden Kälteschutzeinrichtungen und die Einrichtung einer Kochstelle wären hierfür ein sehr wichtiger Schritt. Verwiesen sei an dieser Stelle auf ein Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofes, das bei der Frage nach Mindestanforderungen an eine Notunterkunft spezifisch auch eine eigene Kochstelle aufführt (Hess VGH, Urt. v. 25.6.1991).
Die Menschen, die von dem Kälteschutzangebot Gebrauch machen, sind zudem von einer zweiten problematischen Handhabung der Landeshauptstadt München betroffen: Solange sie keine feste Wohnadresse angeben können, können sie sich beim KVR nicht als hier lebende Menschen melden und registrieren lassen. Dies ist zum Beispiel für die Ausstellung eines Arbeitsvertrags notwendig. Laut Aussage der AOK ist eine Anmeldung außerdem Voraussetzung dafür, eine Krankenversicherung abschließen zu können und damit einen Sozialversicherungsausweis zu erhalten. Dadurch wird es obdachlosen Menschen extrem erschwert, sich selbst in die Lage zu versetzen, eine Wohnung zu mieten. Darüber hinaus werden Menschen in unsichere und undokumentierte Beschäftigungsverhältnisse gezwungen, in denen beispielsweise Lohnbetrug begünstigt wird und entsprechend häufig festzustellen ist.
Außerdem können ohne Anmeldung weder politische Rechte (bei EU-Bürger_innen das EU- und Kommunalwahlrecht oder die Wahl des Ausländerbeirats), noch Rechte auf soziale Leistungen wahrgenommen werden. Unionsbürger_innen ohne Meldebestätigung können auch das Daueraufenthaltsrecht nicht erlangen, das ihnen nach fünfjährigem Aufenthalt automatisch zusteht.
Wir bitten, wie in der Geschäftsordnung des Stadtrates vorgesehen, um eine fristgemäße Bearbeitung unseres Antrages.

Fraktion Die Grünen-rosa liste
Initiative:
Dominik Krause, Jutta Koller, Dr. Florian Roth, Sebastian Weisenburger, Anja Berger, Angelika Pilz-Strasser.
Mitglieder des Stadtrates