Antrag | 19.05.2011

Das schmutzige Geschäft mit „Seltenen Erden“

Antrag

Das schmutzige Geschäft mit „Seltenen Erden“:
Stadtverwaltung und Stadtwerke unterstützen den Aufbau von Recyclingstrukturen und den Einkauf von Produkten aus einer Produktion mit ausreichenden Umwelt- und Gesundheitsschutzstandards

Dem Stadtrat wird berichtet und die Stadtverwaltung wird aufgefordert:

1. ihre Einflussmöglichkeiten auf Bundes- und Europa Ebene zu nutzen, um die Wiederverwertung von Elektro-Altgeräten (EAG), Energiesparlampen und anderen Produkten, die „Seltene Erden“ Metalle enthalten, sicherzustellen, den illegalen Handel mit diesen Alt-Produkten einzudämmen und den Aufbau einer Recyclingstruktur für „Seltene Erden“ zu unterstützen

2. darauf zu achten, in welchen Produkten der Stadtverwaltung „Seltene Erden“ verwendet werden und den Markt zu beobachten, diese Produkte sobald als möglich durch eine Produktion der „Seltenen Erden“ mit ausreichenden Umwelt und Gesundheitsschutzmaßnahmen zu ersetzen.

Die Stadtwerke München werden aufgefordert, sich bei ihren Herstellern von Windturbinen zu erkundigen, ob „Seltene Erden“ aus chinesischer Produktion zum Einsatz kommen und darauf hinzuwirken, bei Ersatzmöglichkeiten auf Gewinnungs- und Produktionsstandorte mit ausreichenden Umwelt- und Gesundheitsschutzmaßnahmen auszuweichen bzw. die Wiederverwertung von Neodym-Magneten zu unterstützen.
Begründung:

Seltene Erden“ sind ein wichtiger Bestandteil vieler Hightech-Konsumgüter wie Computer, LCD-Bildschirme, Digitalkameras sowie gerade auch bei „umweltfreundlichen“ neuen Technologien wie Windkraftanlagen, Elektroautos und Energiesparlampen.

So ist z.B. das „Seltene Erden“ Metall Neodym Bestandteil von Neodym-Magneten, die in Generatoren von Windkraftanlagen verwendet werden. In 14% der neu installierten Windkraftanlagen kommen Neodym-Magneten zum Einsatz. Sie arbeiten ohne Getriebe, was sie robust macht und vorteilhaft ist für den Einsatz in Offshore-Windanlagen.

Bei den „Seltenen Erden“ handelt es sich um Metalle, die geologisch häufig vorkommen. Doch viele Vorkommen blieben in den vergangenen Jahren unangetastet, da China dank niedriger Arbeitskosten, Umwelt- und Arbeitsschutzstandards konkurrenzlos günstig abbauen konnte. So wurden andere Produktionsstätten wie in den USA, Australien oder auch Indien eingestellt.

Derzeit werden 97% der weltweiten „Seltenen Erden“ in China produziert, davon allein fast 50% in der Mine Bayan Obo in der Inneren Mongolei in der Nähe der Stadt Baotou.

Beim Abbau von „Seltenen Erden“ fallen im Bergbau sehr große Mengen an Rückständen an, die giftige und radioaktive Abfälle enthalten. Die Abfallstoffe des Verfeinerungsprozesses wie giftige Chemikalien und radioaktive Substanzen landen in einem riesigen Auffangbecken, dem „See der Seltenen Erden“. In den vergangenen Jahren haben sich vermutlich 150 Millionen Tonnen Abraum in der Nähe von Baotou angesammelt.

Nach Recherchen der Sendung „Menschen und Schlagzeilen“ (NDR) vom 27.04.2011 sowie von „Panorama“ vom 28.04.2011 ist die Umgebung rund um die Fabriken in Baotou verseucht. Die Anwohner sind teilweise schwer krank und das Wasser ist nachhaltig kontaminiert. Der See befindet sich nur 12 km vom Stadtzentrum Baotous und 10 Kilometer vom Gelben Fluss entfernt. Ein Dammbruch bei diesem See wie 2010 in Ungarn würde für Millionen von Menschen in China katastrophale Folgen haben.

Seit 2010 hat China die Produktion und den Export erheblich zurückgefahren, auch um strengere Umweltstandards umzusetzen, die aber voraussichtlich erst ab 2014 für die Lizenznehmer in China gültig sein werden.

Der Rückgang führte zu Verknappung dieses Rohstoffes und damit zu enormen Preissteigerungen auf dem Weltmarkt, so dass die Produktion und Gewinnung auch an anderen Standorten wieder attraktiv wird. USA und Australien wollen ihre Minen wieder eröffnen und voraussichtlich bis Ende 2011 in die Produktion einsteigen.

Der Preisanstieg könnte aber auch dem Recycling von „Seltenen Erden“ einen neuen Schub verleihen, das derzeit noch in den Kinderschuhen steckt. Das Sammeln und Recyceln von Elektroschrott, Elektrokleingeräten, Energiesparlampen oder Batterien ist ein wichtiger Bestandteil, aber auch die Wiederverwendung von Magneten müsste weiter erforscht werden.

Das Recycling dieser Materialien besitzt den enormen Vorteil, dass bei der Sekundäraufbereitung weitaus weniger giftige Abfallprozesse anfallen und keine radioaktive Substanzen frei werden.

Von der Grünen Europagruppe wurde zu diesem Thema eine Studie beim Öko-Institut Darmstadt in Auftrag gegeben, die Ende Januar vorgestellt wurde. In einem Acht-Punkte-Plan wird erläutert, wie ein nachhaltiges Ressourcenmanagement für die knappen Materialien in der Zukunft aussehen kann und dass es möglich ist, ein effizientes europäisches Recycling-System für „Seltene Erden“ in fünf bis zehn Jahren umzusetzen.

Als eine der Kernthesen kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass für eine künftige Nutzung „Seltener Erden“ vor allem die weltweite Wachstumsrate von Windkraftanlagen entscheidend sein wird. Damit kommt gerade dem Wiederverwerten von Neodym-Magneten bzw. auch das Erforschen weiterer Antriebstechniken bei Windturbinen eine enorme Rolle zu.

Die Stadtverwaltung sollte sich deshalb in den Gremien, in denen Sie vertreten ist und als wichtiger Konsument von Hightech-Geräten dafür einsetzen, dass ein effizientes Recyclingsystem aufgebaut und Produkte aus nachweislich „saubererer“ Produktion zum Einsatz kommen.

Auch die Stadtwerke München sollten bei ihrem sehr lobenswerten Ausbau der Erneuerbaren Energien, die zu einem Großteil über Investitionen in Windenergie verwirklicht werden, alle Einflussmöglichkeiten wahrnehmen, um die Nutzung von „Seltenen Erden“ aus einer nachhaltigen Produktion oder eine Wiederverwertung zu unterstützen.

Der Umstieg auf eine umweltfreundliche Energieerzeugung sollte nicht auf Kosten von massiven Umwelt- und Gesundheitsschäden bei der Produktion „erkauft“ werden.

Fraktion Die Grünen – rosa liste
Initiative:
Sabine Krieger
Stadträtin