Pressemitteilung | 24.10.2018

Gasteig: Mutlosigkeit und schwarzroter Murks

P R E S S E M I T T E I L U N G
24. Oktober 2018

Der Stadtrat hat heute beschlossen, dem Entwurf des Büros Henn den Zuschlag für den “Neuen Gasteig” zu geben. Vorausgegangen waren öffentliche Debatten über Einsprüche der Urheberrechtsinhaber und mögliche Klagen der nicht zum Zuge kommenden Architekten.
Der Vorsitzende der grünrosa Fraktion Dr. Florian Roth kritisiert das Verhalten der schwarzroten Koalition:  “Wir haben schon nach dem ursprünglichen Wettbewerb im Frühjahr, bei dem drei Entwürfe gleichauf vorne lagen, für die beiden ambitionierteren Vorschläge votiert (der Büros Wulf und Auer & Weber). Wenn die Stadt schon schätzungsweise eine halbe Milliarde Euro ausgibt, sollte sie auch die Chance ergreifen, städtebaulich neue Akzente zu setzen und die trutzburgartige Bastion Gasteig in ein zeitgemäßeres Format zu transformieren. Auf diese Weise könnte es gelingen, die Offenheit von Demokratie und Kultur zu symbolisieren und das Kulturzentrum optisch zur Isar und zur Stadt hin zu öffnen. Der Entwurf Henn kann diesen Kriterien nur partiell genügen und wird durch die Überarbeitung noch ‘verschlimmbessert’. Durch die Vergrößerung des fensterhaften Einschubs wird der Eingriff in die Bausubstanz von den Proportionen her noch unharmonischer und die Lösung im Innenraum droht alle, die den Gasteig besuchen, in einen engen, verwinkelten Irrgarten zu führen. Letztlich zeugt das Votum der schwarzroten Rathauskoalition wieder einmal von für München leider typischer architektonischer Mutlosigkeit.
Inzwischen werden aber die architektonischen und funktionalen Debatten durch urheberrechtliche Diskussionen und politische Instrumentalisierungen überdeckt. Durch die Pressemitteilung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Alexander Reissl wurde mitten in einem laufenden Vergabeverfahren eine öffentliche Diskussion angestoßen, die Zweifel an einer unvoreingenommenen Entscheidung aufkommen ließ – zumal die Rede davon war, dass für den Inhaber der Urheberrechte, wenn überhaupt, nur ein Entwurf in Frage käme. Diese Schwächung des eigenen Rechtsstandpunkts durch einen Koalitionspartner in Kombination mit dem juristisch nicht gerade sicheren und frühzeitig informierenden Management des anderen Koalitionspartners (in Gestalt des Aufsichtsratsvorsitzenden und Betreuungsreferenten) ist ein schwerer handwerklicher Fehler und Zeugnis für schwarzroten Murks. Die Denkschrift des Urheberrechtsinhabers Rollenhagen zeigt – entgegen früherer Zusicherungen – auf, dass es bei der Gestaltung des Neuen Gasteigs im schlimmsten Fall nur sehr eingeschränkte Spielräume gibt.
Bei diesem Gesamtbild und den noch unwägbaren, dem Urheberrecht geschuldeten Veränderungen des jetzt schon suboptimalen Entwurfs drängt sich die Frage auf, ob radikale Alternativen wie die von uns schon vor längerer Zeit ins Gespräch gebrachte Unterbringung des musikalischen Teils des Gasteigs inklusive Philharmonie in der Paketposthalle wieder ernsthaft in Erwägung gezogen werden sollten.”