Antrag | 08.03.2019

Ein Generationenvertrag für München – wie steht es um die stationäre Altenpflege?

Anfrage

München wächst und damit wächst auch die Zahl betagter Münchnerinnen und Münchner. Sie vorrangig ambulant statt stationär zu versorgen ist der richtige Weg, darüber besteht ein politischer und gesellschaftlicher Konsens.
Der Wunsch, die Menschen immer länger in ihrer gewohnten Umgebung zu versorgen, hat allerdings auch die Konsequenz, dass Seniorinnen und Senioren immer später, immer älter und immer häufiger mit Demenz oder (mehreren verschiedenen) Krankheiten in die vollstationäre Pflege kommen. Für die Pflegeheime bedeutet das ein stetes Mehr an palliativer Versorgung, an spezieller Pflege dementer und psychisch kranker PatientInnen und einen immer weiter ansteigenden Bedarf an medizinisch notwendiger Versorgung (z.B. Ports, Lungendrainage oder künstliche Beatmung). Zusätzlich nimmt auch die Zahl derer zu, die pflegebedürftig und allein, nicht jedoch alt sind – und damit erst einmal nicht in die Zielgruppe pflegebedürftige SeniorInnen passen.
Die Anforderungen an die Altenpflege in München haben sich also verändert und werden sich in Zukunft weiter rapide verändern. Die heutigen Strukturen passen vielfach nicht mehr zu den neuen Bedürfnissen der Gegenwart und Zukunft. Nachdem München vor ca. 20 Jahren begonnen hat, sich des Themas auf kommunaler Ebene intensiv anzunehmen, muss die Stadt im Bereich Altenpflege nun die bisherigen Schritte und Interventionen überprüfen und, wenn nötig, einer Kurskorrektur unterziehen.

I. Deshalb fragen wir zu den grundsätzlichen Planungen des Sozialreferats im Bereich stationären Altenpflege:

I.1 Gibt es eine übergeordnete Planung des Sozialreferats, welche, aufbauend auf den Wachstumsprognosen des Planungsreferats dafür Sorge trägt, dass wir auch in einer stark wachsenden Stadt in den kommenden Jahren ausreichend Pflegeplätze zur Verfügung haben? Sind die jetzigen Zuwachszahlen bereits ausreichend in den Planungen, die derzeit bis 2025 reichen, berücksichtigt?

I.2 Wenn ja, mit welcher Pflegeplatzentwicklung wird für die kommenden Jahre geplant? Wann wurden diese Zahlen zuletzt konkret angepasst?

I.3 Gibt es Planungen, auch in den momentan stark unterversorgten Stadtbezirke am Stadtrand (z.B. Milbertshofen/ am Hart, Hadern), welche zum Teil über gar keine vollstationären Einrichtungen verfügen, Standorte zu schaffen? Dies vor dem Hintergrund, dass gerade ältere Menschen sehr gerne in ihrem gewohnten Umfeld bleiben möchten.

I.4 Gemäß dem aktuellen „Marktbericht Pflege“ des Sozialreferats lösen immer mehr der sogenannten „Mischeinrichtungen“ (Wohnbereich mit „stationärer Einrichtung“ und sog. Betreutes Wohnen in einer Einrichtung) ihre „stationären Einrichtungen“ auf und sorgen so für einen Rückgang der Plätze in der stationären Pflege. Wie reagiert das Sozialreferat auf diese Reduzierung des Versorgungsangebots?

I.5 75 % aller zu pflegenden Personen werden zu Hause von Angehörigen gepflegt. Damit diese auch ihren beruflichen Erfordernissen oder dem Bedürfnis nach Erholung nachkommen können, gibt es die Möglichkeit der Kurzzeitpflege. Allerdings gibt es in ganz München gerade einmal 41 feste Kurzzeitpflegeplätze in den Einrichtungen plus eine „nicht quantifizierbare Zahl sog. „eingestreuter“ Kurzzeitpflegeplätze“. Damit ist das Angebot sehr gering. Wie reagiert das Sozialreferat auf diesen Angebotsmangel (v.a. in Schulferien)? Gibt es vonseiten der LHM Fördermaßnahmen zur Schaffung solcher solitären Kurzzeitpflegeplätze – mit der Möglichkeit der Voranmeldung bzw. Buchung bestimmter Pflegezeiten?

 

II Weiterhin fragen wir zu den Konzepten bzgl. der Differenziertheit der vollstationären Angebote:

II.1 Gibt es ausreichend Plätze und speziell ausgerichtete Angebote und Versorgung für pflegebedürftige schwerstbehinderte Menschen im Seniorenalter?

II.2 Gibt es hierzu Kooperationen mit den Behinderteneinrichtungen in München?

II.3 Gibt es ausreichend Plätze für alt gewordene Wohnungslose und wie finden diese ihren Weg in die Einrichtungen?

II.4 Gibt es ausreichend Plätze und speziell ausgerichtete Angebote und Versorgung für alt gewordene Drogenabhängige?

II.5 Gibt es (auch zukünftig) genügend Plätze und speziell ausgerichtete Angebote und Versorgung für Demenzkranke sowie für psychisch kranke Pflegebedürftige? Ist vor allem das Angebot an sog. beschützenden Pflegeplätze derzeit und auch in Zukunft gesichert?

II.6 Wie ist die Strategie zur Unterbringung von psychisch kranken Pflegebedürftigen mit Selbst- und Fremdgefährdung, die deshalb nicht in regulären Pflegeeinrichtungen untergebracht werden können? Welche Möglichkeiten gibt es in der Versorgungskette für diese Pflegebedürftigen, wenn sie nicht mehr in Pflegeheimen untergebracht werden können, psychiatrische Einrichtungen aber eine Aufnahme ablehnen?

II.7 Wie ist die Strategie zur Unterbringung von alleinstehenden Schwerstkranken ( z.B. SchlaganfallpatientInnen oder querschnittsgelähmte PatientInnen, Krebskranke in palliativen Situationen,) deren Unterbringung in stationären Pflegeheimen häufig per Satzung ausgeschlossen ist – und die aufgrund ihres noch nicht weit fortgeschrittenen Alters oftmals in einem Seniorenpflegeheim nicht adäquat wohnen und betreut werden können?

II.8 Der Anteil der Mitarbeitenden mit Zusatzausbildungen im Bereich „Palliative Care“, also mit Spezialkenntnissen in der Pflege und Versorgung Sterbender, nimmt laut aktuellem „Marktbericht Pflege“ zu, liegt aber auf einem „niedrigen Niveau“. Welcher Anteil der Pflegenden hat stadtweit bereits eine solche Zusatzausbildung und wird dies von Seiten des Sozialreferats als ausreichend eingeschätzt? Wenn nein, was kann von Seiten der LHM noch getan werden, um eine Zusatzausbildung für diesen wichtigen Teil der Altenpflege noch mehr zu fördern – auch über die derzeitige Mittelverschiebung aus den heiminternen Tagespflegen hinaus?

II.9 Die beiden Hospize in München sind mit ihren Hospizplätzen zu 100 % ausgelastet. Dabei wünschen sich viele Sterbende eine letzte Zeit im Hospiz. Welche Möglichkeit hat die LHM weitere Hospizplätze zu schaffen?

Fraktion Die Grünen – rosa liste
Initiative:
Katrin Habenschaden
Jutta Koller
Anja Berger
Oswald Utz

Mitglieder des Stadtrats