Antrag | 22.02.2011

Öffentlichkeit der Aufsichtsratssitzungen bei kommunalen Unternehmen durch Aktienrechtsnovelle 2011 ermöglicht?

ANTRAG

 

Öffentlichkeit der Aufsichtsratssitzungen bei kommunalen Unternehmen durch Aktienrechtsnovelle 2011 ermöglicht?

 

Der Stadtrat möge beschließen:

1. Dem Stadtrat sollen die Konsequenzen der geplanten Aktienrechtsnovelle 2011 für die Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen öffentlicher Unternehmen dargestellt werden. (Siehe Referentenentwurf: http://www.bmj.bund.de/files/-/4749/RefE%20Gesetz%20zur%20%C3%84nderung%20des%20AktG%20-%20Aktienrechtsnovelle%202011.pdf)

2. Der Oberbürgermeister wird gebeten, sich über den Deutschen Städtetag dafür einzusetzen, dass diese Novelle im Gesetzgebungsverfahren in einer Form verabschiedet wird, die dem Anliegen von Transparenz und Öffentlichkeit von Entscheidungsprozessen kommunaler Gesellschaften entspricht.

3. Sobald die Aktienrechtsnovelle in Kraft tritt, werden dem Stadtrat Vorschläge unterbreitet, wie größere Transparenz und Öffentlichkeit im Rahmen der neuen Rechtslage für die Aufsichtsräte kommunaler Gesellschaften umgesetzt werden können.

 

Begründung

Für städtische GmbHs mit obligatorischem Aufsichtsrat (in München die Stadtwerke München GmbH und die Klinikum GmbH sowie mit städtischer Minderheitsbeteiligung die Flughafen München GmbH und die Messe GmbH) gilt analog das Aktienrecht, demnach (§ 109 Aktiengesetz) Aufsichtsratssitzungen nichtöffentlich sind. Auch für fakultative Aufsichtsräte sei laut bayerischem Innenministerium dies Prinzip grundsätzlich anzuwenden, nur für den eher unwichtigen Teil der Sitzungen könnte Öffentlichkeit hergestellt werden.

Bei obligatorischen Aufsichtsräten ist es den darin vertretenen Stadträtinnen eigentlich nicht einmal gestattet, Informationen vertraulich mit anderen Stadtratsmitgliedern zu besprechen oder in nichtöffentlichen Stadtratssitzungen zu beraten.

Bei Gesellschaften in kommunalen Besitz gerät die gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflicht immer wieder in Konflikt mit dem Grundsatz von Öffentlichkeit und Transparenz kommunaler Entscheidungen. Hier wäre eine Neujustierung geboten – wobei zu darauf zu achten ist, dass für kommunale Unternehmen keine Wettbewerbsnachteile entstehen.

Vom Bundesjustizministerium ist nun der Referentenentwurf der sog. Aktienrechtsnovelle 211 veröffentlicht worden. Ihm zufolge wäre eine andere Veröffentlichungspraxis den jeweiligen Satzungen überlassen. Die Ergänzung zu § 394 des Aktiengesetzes soll lauten:

Die Berichtspflicht folgt aus dem Innenverhältnis der Aufsichtsratsmitglieder zu der Gebietskörperschaft. Ist eine Gebietskörperschaft an einer nichtbörsennotierten Gesellschaft beteiligt, kann die Satzung die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder und die Öffentlichkeit der Sitzungen regeln.“

In der Begründung dazu heißt es:
Die Satzungsfreiheit nach § 394 Satz 4 AktG-E kann die Verschwiegenheitspflicht sämtlicher Aufsichtsratmitglieder vollständig beseitigen. Aufsichtsratssitzungen können dann zum Beispiel vollständig öffentlich abgehalten werden. Die Satzung kann die Verschwiegenheitspflicht aber auch unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse der Gesellschaft abgestuft regeln. So kann sie die Aufsichtsratsitzungen in öffentliche und nicht öffentliche Abschnitte teilen. Auch kann etwa bestimmt werden, dass alle oder nur einige Aufsichtsräte der Verschwiegenheitspflicht nicht unterliegen, wem gegenüber oder für welche Themen oder Teile der Aufsichtsratssitzung die allgemeine Verschwiegenheitspflicht gilt und für welche nicht. Bei Gesellschaften im vollständigen Besitz einer Gebietskörperschaft ist diese bei der Satzungsgestaltung völlig frei. Bei Gesellschaften im bloß teilweisen Besitz einer Gebietskörperschaft wird bei der Beschlussfassung über die Satzungsregelung auf Vermögensinteressen der anderen Aktionäre bzw. Gesellschafter Rücksicht zu nehmen sein, insbesondere, wenn die vollständige Transparenz zu Wettbewerbsnachteilen etc. führen kann. Dies kann aber den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Schutzmechanismen überlassen bleiben.“

Fraktion die Grünen – rosa liste
Initiative:
Dr. Florian Roth
Dr. Florian Vogel