Antrag | 21.11.2008

Praxiserfahrungen und Perspektiven zum „Vorkurs Deutsch“

Antrag

Das Schulreferat und das Sozialreferat werden gebeten – in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Schulamt –, über Erfahrungen bei der praktischen Umsetzung mit dem „Vorkurs Deutsch“ zu berichten – und zwar folgende Aspekte betreffend:

1. Wie werden die Deutsch-Vorkurse für Kinder mit Migrationshintergrund in den Münchner Betreuungseinrichtungen angenommen und wie entwickeln sie sich?

2. Wie ist die Kooperation zwischen Kindergarten und Schule – in pädagogischer und organisatorischer (auch den zeitlichen Rhythmus betreffend) Hinsicht? Gibt es Kooperationspläne von Kindergarten und Schule?

3. Wie ist der Transport der Kinder zwischen Kindertagesstätten und Schule organisiert?

4. Haben die ErzieherInnen und LehrerInnen eine Ausbildung in Deutsch als Zweitsprache?

Wenn nicht: Welche Ausbildung erhalten sie, um die Sprachförderung entsprechend wissenschaftlichen und didaktischen Qualitätsstandards durchführen zu können?

5. Gibt es Überlegungen, auch deutsche Kinder, die einen Sprachförderbedarf haben, in das Projekt zu integrieren?

In Berlin gibt es die Sprachstandserhebung „Deutsch Plus“, die alle Kinder einbezieht – fast ein Drittel der im Vorkurs geförderten Kinder hat keinen Migrationshintergrund: Wäre eine solche Ausweitung aus Sicht des Schulreferats erstrebenswert?

6. Wie viele Kinder werden, weil sie weder einen Kindergarten noch einen Vorkurs besuchen und zum Zeitpunkt der Schuleinschreibung über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfügen, vom Schulbesuch zurückgestellt und zum Besuch einer Kindertageseinrichtung mit Deutschförderung verpflichtet?

Außerdem bitten wir um Auskunft:

7. Welche Sprachfördermaßnahmen gibt es im Anschluss an den Vorkurs? Werden in diesen Maßnahmen auch deutsche Kinder mit Sprachdefiziten erfasst bzw. ist es geplant, sie einzubeziehen?

Begründung

Das Sprachförderprogramm des bayrischen Ministerrats kommt auch München zugute. Zur Vorbereitung auf die Einschulung haben Kinder mit Migrationshintergrund die Chance, in dem Projekt „Vorkurs Deutsch“ 240 Stunden Förderunterricht in der deutschen Sprache zu erhalten. Das Besondere an diesem Projekt ist die Kooperation von Kindertageseinrichtungen mit den jeweiligen Grundschulen: 120 Stunden des Förderunterrichts werden in den Einrichtungen der Kindertagesstätten erteilt, die anderen 120 Stunden in den Grundschulen.
Durch die räumliche Trennung stellt sich die Frage der Kooperation der Beteiligten – in der Abstimmung der pädagogischen Sprachkonzepte, aber auch in der Alltagsorganisation, besonders die Mittagsverpflegung und den Transport betreffend.
Die Intensität der Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule scheint sehr unterschiedlich zu sein. Was den Transport betrifft, müssen nach unseren Informationen manche Kinder von den Erzieherinnen selbst in die Grundschule gebracht werden, was oft den Wegfall des Mittagessens für Kinder (und Erzieherinnen) bedeutet. In anderen Fällen müssen Eltern für den Transport sorgen, was bei Berufstätigkeit zu großen Problemen führt.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob es richtig ist, dass nur Kinder, bei denen beide Elternteile nichtdeutscher Herkunft sind, einen Vorkurs besuchen können. Das schließt deutsche Kinder und Kinder aus binationalen Familien mit einem deutschen Elternteil aus; selbst wenn in diesen Familien nicht selten ein Deutschförderbedarf der Kinder besteht (siehe das Gegenbeispiel Berlins, das auch Kinder aus deutschen Familien mit einbezieht, z. B. unter: http://bildungsklick.de/pm/29499/uebersicht-vorschulische-sprachfoerderung-in-berlin/).
Schließlich ist zu fragen, ob die juristisch vorgesehene Möglichkeit, Kinder zwangsweise zurückzustellen und zum Vorkursbesuch zu verpflichten, wenn ein Kind keinen Kindergarten besucht und über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfügt, nicht nur eine marginale Gruppe betrifft, da Eltern mit Migrationshintergrund in aller Regel den Besuch eines Kindergartens für ihre Kinder anstreben.
Dem Stadtrat soll ein Überblick über die Umsetzung und mögliche Verbesserungen des „Vorkurs Deutsch“ ermöglicht werden.

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen-rosa liste
Initiative
Gülseren Demirel
Dr. Florian Roth
Jutta Koller