Antrag | 14.02.2012

Sicherung der Servicestelle zur Erschließung ausländischer Qualifikationen

Antrag

Sicherung der Servicestelle zur Erschließung ausländischer Qualifikationen

Der Stadtrat möge beschließen:

Das Sozialreferat wird beauftragt, in Abstimmung mit dem Personal- und Organisationsreferat und dem Referat für Arbeit und Wirtschaft, ein Konzept zu erstellen, wie das neue „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ in München umgesetzt und die Potenziale gut qualifizierter Migrantinnen und Migranten besser zur Fachkräftesicherung genutzt werden können. Dabei soll v.a. auch darauf eingegangen werden, wie die Schaffung und Finanzierung von gegebenenfalls nötigen Nachqualifizierungen sichergestellt werden kann und wie reglementierte und nicht-reglementierten Berufe zur Anerkennung gebracht werden können. Zum anderen soll dargestellt werden, wie die Zusammenarbeit mit den Kammern und Behörden, die für die Umsetzung des Anerkennungsverfahrens zuständig sind, fruchtbar gestaltet werden kann. Die Erfahrungen der (projektfinanzierten) Servicestelle zur Erschließung ausländischer Qualifikationen, die seit zwei Jahren im Amt für Wohnen und Migration Bürgerinnen und Bürger mit ausländischen Qualifikation berät und in ihren Anerkennungsverfahren unterstützt, sollen dabei berücksichtigt werden.

Begründung:

Am 01.04.2012 tritt das neue Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen in Kraft. Das Ziel der Gesetzesinitiative ist, Migrantinnen und Migranten die Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen zu verbessern sowie die vorhandenen Qualifizierungspotenziale besser für die Fachkräftesicherung zu nutzen. Leider bleibt das verabschiedete Gesetz aber auf halber Strecke stehen. Auf der einen Seite gibt es künftig bei den rund 350 nicht reglementierten Berufen, die unter die Bundesregelung fallen, einen Rechtsanspruch auf ein Bewertungsverfahren. Doch stehen aus finanziellen Gründen keine Beratungsangebote bereit. Auch ein Nachqualifizierungsangebot im nicht-reglementierten Bereich muss erst noch geschaffen werden um Antragstellende erfolgreich durch die Anerkennungsverfahren zu führen, denn ein Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren ist nicht gleichzusetzen mit einer Anerkennung.

Außerdem bedeutet die Anerkennung einer beruflichen Qualifikation noch nicht gelungene Arbeitsmarktintegration. Hier fehlen flankierende Angebote. Hier gibt es deutlich Handlungsbedarf. Ein weiteres Problem ergibt sich derzeit bei den landesrechtlich geregelten Berufen (z.B. LehrerInnen, IngenieurInnen). Die Bundesländer haben zwar angekündigt, dem Bundesgesetz entsprechende Regelungen zu treffen, doch werden die sehr aufwendigen und zeitintensiven Abstimmungsprozesse noch eine Weile dauern.

Der Münchner Arbeitsmarkt ist relativ stabil durch die Krise gekommen, stellt der Interkulturelle Integrationsbericht der Landeshauptstadt München fest. Menschen mit Migrationshintergrund sind jedoch unabhängig von ihrer Qualifikation überproportional häufig im Niedriglohnsektor beschäftigt und doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen wie Deutsche ohne Migrationshintergrund.

Als Grund für die schlechten Chancen am Arbeitsmarkt wird häufig die Nichtanerkennung von ausländischen Abschlüssen genannt. Inzwischen zeichnet sich ein Fachkräftebedarf größeren Ausmaßes ab, der nicht nur München als Wirtschaftsstandort betrifft, sondern auch die Landeshauptstadt München als Arbeitgeberin. Erzieherinnen und Erzieher, medizinisches Fachpersonal sowie Fachkräfte aus dem Ingenieurs- und dem IT-Bereich sind nur noch mit großem Aufwand zu finden.

Die projektfinanzierte Servicestelle zur Erschließung ausländischer Qualifikationen setzt genau an diesem Punkt an und unterstützt seit Oktober 2009 Bürgerinnen und Bürger mit ausländischen Abschlüssen, berät und begleitet sie im Anerkennungsverfahren. Die Servicestelle hat bislang sehr viel positive Resonanz erhalten und verfügt mittlerweile über einen Deutschlandweit einmaligen Erfahrungsschatz in dem ziemlich komplexen Gebiet der Anerkennungsverfahren und Nachqualifizierungen. Diese Erfahrungen müssen unbedingt genutzt werden, um die bestehenden Lücken im Bundesgesetz zu schließen und die Versäumnisse des Freistaats abzufedern. Die bestehende erfolgreiche Anerkennungspraxis in München muss für die Umsetzung des Anerkennungsgesetzes genutzt, erhalten und weiter ausgebaut werden um damit dem Fachkräftemangel proaktiv zu begegnen.
Fraktion Die Grünen – rosa liste

Initiative:
Siegfried Benker
Gülseren Demirel
Jutta Koller
Dr. Florian Roth