Pressemitteilung | 23.02.2010

Unschuldige Guantanamo-Häftlinge in der Landeshauptstadt aufnehmen

P R E S S E M I T T E I L U N G

23.02. 2010

Der Vorsitzende der Stadtratsfraktion B’90/Die Grünen – Rosa Liste, Siegfried Benker, hat Oberbürgermeister Ude in einem offenen Brief gebeten, der Bundesregierung erneut die Bereitschaft der Stadt München zur Aufnahme unschuldiger Guantanamo-Häftlinge mitzuteilen. Einen entsprechenden Beschluss hatte der Stadtrat mit fraktionsübergreifender Mehrheit bereits vor über einem Jahr gefasst.

Der Brief ist nachstehend dokumentiert.

Herrn
Oberbürgermeister
Christian Ude

München, den 23. 2. 2010

Offener Brief
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

auf Antrag der Grünen-Rosa Liste, ergänzt um einen Änderungsantrag der CSU-Stadtratsfraktion, erklärte der Stadtrat der Landeshauptstadt München am 5. 2. 2009 seine Bereitschaft, unschuldige Guantanamo-Häftlinge in der Landeshauptstadt aufzunehmen.

Voraussetzung hierfür sollte sein, dass

– die Häftlinge in den USA weder bleiben können noch bleiben wollen,

– es sich nicht um Gewalttäter bzw. Terroristen handelt,

– dass sich die (uigurische) Gemeinde bereit erklärt, sich um die Häftlinge zu kümmern.

Der Stadtrat hat in seinem Beschluss deutlich gemacht, dass es sich bei den aufzunehmenden Häftlingen um Uiguren handeln sollte, weil sich in München die größte Uigurische Gemeinde Europas befindet, es sich aber nicht um Uiguren handeln muss. Der Stadtrat wollte das Angebot der Aufnahme nicht auf uigurische Häftlinge beschränken, wenn dafür die anderen Bedingungen (s.o.) eingehalten würden. Wichtig war auch, dass entlassene Häftlinge in München zum einen aufgrund der guten Strukturen sozial betreut werden könnten und würden – und zum anderen nach wie vor eine Kontrolle der Häftlinge möglich wäre, wie dies von Seiten der Bayerischen Staatsregierung gefordert wurde.
Vor einiger Zeit hat der Präsident der Vereinigten Staaten, Barack Obama, sein Aufnahmegesuch gegenüber der Europäischen Union erneuert. Aus diesem Grund hat sich Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland, am 12. 2. 2010 nochmals mit einem eindringlichen Appell an die Bundesregierung gewandt, endlich die Bereitschaft zur Aufnahme von unschuldigen Guantanamo-Häftlingen zu erklären.
Barack Obama plant derzeit, die Auflösung von Guantanamo durch zwei Schritte zu erreichen. Zum einen sollen Häftlinge, gegen die ein Verdacht auf terroristische Aktivitäten vorliegt, in einem eigens hierfür ausgebauten Gefängnis in den USA aufgenommen werden. Die ca. 50 Häftlinge, gegen die keinerlei Verdachtsmomente vorliegen, die aber wegen der Gefahr der Verfolgung und der Folter nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können, sollen von anderen Ländern aufgenommen werden.
In letzter Zeit haben haben u.a. Spanien, die Schweiz, Lettland und Bulgarien die Bereitschaft zur Aufnahme erklärt. Da die Bundesregierung derzeit die mögliche Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen wieder auf die Tagesordnung nehmen muss, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, an dem München seine bereits einmal erklärte Bereitschaft erneuert, unter den oben genannten Bedingungen Häftlinge aufzunehmen.
Ich möchte Sie deshalb auf diesem Wege bitten, der Bundesregierung nochmals die einstimmige Beschlusslage der Landeshauptstadt München mitzuteilen und für die Stadt die nach wie vor bestehende Bereitschaft zur Aufnahme einiger unschuldiger Guantanamo Häftlinge zu erklären.
Guantanamo ist ein Schandfleck. Es ist der Versuch, den Kampf gegen den Terrorismus, unter Aufhebung demokratischer Errungenschaften zu führen. Es ist zu begrüßen, dass Präsident Obama nach wie vor die Auflösung von Guantanamo plant. Wenn die Stadt München einen kleinen Beitrag hierzu leisten kann, sollte dies geschehen.

Mit freundlichen Grüßen

Siegfried Benker
Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen – rosa Liste