Antrag | 03.11.2010

Wiesn barrierefrei gestalten

Antrag

Wiesn barrierefrei gestalten

Ab dem kommenden Jahr wird der Facharbeitskreis Tourismus des Behindertenbeirats der LH München von Anfang an in die Planungen des Oktoberfestes einbezogen. Dabei wird zu allen für das Thema relevanten Gremien und Sitzungen, die mit der Planung des Oktoberfestes befasst sind, sowie zu Begehungen vor und während der Wiesn der Vorstand des Facharbeitskreises hinzugezogen.
Begründung:

Trotz der Bemühungen, die in den letzten Jahren unternommen worden sind, ist die Teilhabe an der Wiesn für Menschen mit Behinderungen noch lange nicht sichergestellt. Sowohl bei der Vorabplanung wie auch bei Kontrollen während des Oktoberfestes gibt es etliche Probleme und Details, die beachtet bzw. diskutiert werden müssen, um die Inklusion von Menschen mit Behinderung beim größten Volksfest der Welt zu gewährleisten.

So ist in den Verträgen mit den Wirten der großen Festzelte zwar die Vorhaltung einer Behindertentoilette nach DIN 18024 Teil 2 vereinbart. Doch bedarf es hier immer wieder kleiner Änderungen vor und während der Wiesn. Die Reinigungskräfte etwa wissen oft nicht über die Funktion der Behindertentoiletten Bescheid, binden die Notschnur hoch, bestücken die extra für Toilettenpapier vorgesehenen Halterungen an den Toilettengriffen nicht mit Material und reinigen oftmals die Behindertentoiletten nicht so oft oder gründlich wie die restlichen Toiletten. Kleinere Zelte verfügen gar nicht über Behindertentoiletten, und sind darüber hinaus oft nur über die Biergärten der großen Zelte für RollstuhlfahrerInnen erreichbar, also gar nicht, sobald die großen Zelte wegen Überfüllung schließen. Manche kleinen Zelte sind gar nicht barrierefrei betretbar.

Ein weiterer Punkt, der bei der Planung mit dem Facharbeitskreis des Behindertenbeirates besprochen werden muss, ist die oft nicht ganz ideale Lage der Plätze, die für Menschen mit Behinderung reserviert sind. Da es sich auch bei dieser Zielgruppe um eine sehr heterogene Gruppe handelt, muss überlegt werden, wo solche Plätze am günstigsten zu legen sind. So sitzen ältere Behinderte oft lieber am Rand, was z.B. mit Hörbehinderungen erklärbar ist, bei denen die laute Musik das Verstehen des Anderen unmöglich macht. Jugendliche sitzen hingegen am liebsten mitten im Geschehen und nicht am „Katzentisch“. In den kleinen Zelten wiederum ist es innen oft zu eng für den Rollstuhl.

Von den Fahrgeschäften ist einzig das große Riesenrad für RollstuhlfahrerInnen und Menschen mit schweren Gehbehinderungen nutzbar, und auch das nur mit Hilfe des Personals.
Die Verkaufsstände sind oft nur über ein vorgelagertes, oft ca. 5 cm hohes Podest erreichbar, das Rollstuhlfahrer abweist. Manchmal sind diese Flächen zum Verkaufsstand hin zusätzlich geneigt. Hier wäre mit niedrigeren Plattformen ohne Neigung ein großer Schritt zur Barrierefreiheit möglich, ohne andere Beteiligte zu belasten.

Wie diese Beispiele zeigen, liegen die Probleme im Detail, weshalb die Mitarbeit der Betroffenen unerlässlich ist. Leider wurde der FAK Tourismus entgegen der Zusagen bei der Planung der Jubiläumswiesn nicht hinzugezogen.

Die hier aufgeführten Punkte sind nur einige Beispiele für die Bandbreite der Problemlagen und Aspekte, die bei der Planung eines barrierefreien Oktoberfestes zu diskutieren und zu beachten sind. Es ist daher dringend erforderlich, dass der Facharbeitskreis Tourismus des Behindertenbeirats bei den entsprechenden Planungen von Anfang an einbezogen wird.

Gerade weil die öffentlichen Verkehrsmittel zumindest weitgehend barrierefrei sind und so auch Rollstuhlfahrern aus aller Welt den Zugang zum Oktoberfest ermöglichen, sollten wir uns auf der Wiesn besonders um sinnvolle, kurzfristige Lösungen bemühen, die der „Weltstadt mit Herz“ in aller Welt gerecht werden.
Bündnis ’90/Die Grünen – rosa liste

Initiative:
Jutta Koller
Siegfried Benker
Lydia Dietrich
Gülseren Demirel
Paul Bickelbacher
Dr. Florian Vogel