Antrag | 19.07.2012

Die erhöhten Leistungen für AsylbewerberInnenab dem 1. August 2012 auszahlen

Antrag zur Dringlichen Behandlung in der Vollversammlung vom 25. 7. 2012

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes:
Die erhöhten Leistungen für AsylbewerberInnenab dem 1. August 2012 auszahlen

Der Stadtrat möge beschließen:

1. Die Landeshauptstadt München zahlt die vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebenen erhöhten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ab dem 1. August 2012 aus. Die Flüchtlinge werden darauf hingewiesen, dass sie evtl. auch rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 Anspruch auf die Nachzahlung erhöhter Leistungen haben und diese beantragen können.

2. In einem zweiten Schritt soll die Landeshauptstadt München mit der Regierung von Oberbayern dahingehend verhandeln, die demütigenden Sachleistungen abzuschaffen und insgesamt auf Geldleistungen umzustellen.

Begründung:

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 18. Juli 2012 unmissverständlich entschieden, dass die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz unterhalb des Existenzminimums liegen und eindeutig verfassungswidrig sind: „Die…Regelungen zu den Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde) in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsgebot) unvereinbar.“

Dies wurde von Flüchtlingsorganisationen, Flüchtlingsräten und den Grünen seit Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgesetzes 1993 immer wieder betont. Wenn die Hartz-IV-Regelungen die Armutsgrenze definieren, bedeutet jede Regelung, die unter diese Leistungsgrenze geht, ein bewusstes verelenden Lassen einer Bevölkerungsgruppe. Dies wurde vom Bundesverfassungsgericht jetzt bestätigt. Die unisono vorgetragene Begründung, dass keine Anreize zur Zuwanderung entstehen sollen, wurde vom Bundesverfassungsgericht ebenfalls in der Luft zerrissen:

Auch migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, können von vorneherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber und den zur Auszahlung verpflichteten Behörden auch keinen Spielraum bis zur Erarbeitung eines neuen Gesetzes gegeben: „Bis zum Inkrafttreten (einer Neuregelung) hat das Bundesverfassungsgericht angesichts der existenzsichernden Bedeutung der Grundleistungen eine Übergangsregelung getroffen. Danach ist ab dem 1. Januar 2011 die Höhe der Geldleistungen auch im Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes entsprechend den Grundlagen der Regelungen für den Bereich des zweiten und zwölften Buches des Sozialgesetzbuches zu berechnen.“ Mit anderen Worten: Den AsylbewerberInnen stehen die Regelsätze von Hartz IV zu. Und zwar sofort.

Die Verwaltung muss diese Regelung unverzüglich umsetzen. Derzeit erhält ein erwachsener Asylbewerber bzw. eine erwachsene Asylbewerberin, die in einer staatlichen Unterkunft leben, ca. 40,- Euro Taschengeld im Monat (Kinder ca. 20,– Euro). Alle anderen Leistungen werden in Bayern als Sachleistungen in Form von Essens- und Hygienepaketen sowie Kleidung ausgegeben. Es ist jetzt umgehend darauf zu achten, dass zunächst zumindest das Taschengeld so erhöht wird, dass (zusammen mit den Sachleistungen) die Regelsätze des SGB II erreicht werden. Dies müsste im ersten Schritt mindestens eine Verdreifachung des Taschengeldes bedeuten.

In einem zweiten Schritt soll die Stadt München mit dem Freistaat Bayern verhandeln um die demütigende Ausgabe von Sachleistungen im Zuge der anstehenden Neuregelungen abzuschaffen und insgesamt auf die Ausgabe von Geldleistungen zu drängen. Auch das würde dem Geist des Urteils des Bundesverfassungsgerichts entsprechen, welches deutlich macht, dass die Menschenwürde migrationspolitisch nicht relativiert werden darf.

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – rosa liste

Initiative:

Siegfried Benker
Jutta Koller
Dr. Florian Roth
Paul Bickelbacher
Sabine Krieger
Boris Schwartz
Gülseren Demirel
Sabine Nallinger
Dr. Florian Vogel
Lydia Dietrich
Thomas Niederbühl