Antrag | 13.12.2012

Hebammenkreißsaal für München

Antrag

Hebammenkreißsaal für München

Das Referat für Gesundheit und Umwelt wird gebeten, in Zusammenarbeit mit der Städtisches Klinikum München GmbH und gegebenenfalls weiteren Geburtskliniken in München das Konzept eines Hebammenkreißsaals in München zu konkretisieren und eine Umsetzung zu prüfen.

Begründung:

2003 wurde der erste hebammengeleitete Kreißsaal in Deutschland im Klinikum Bremerhaven eingerichtet. Ein Erfolgsmodell, das inzwischen bereits in 13 weiteren Standorten in den unterschiedlichsten Häusern der Geburtshilfe nachgeahmt wurde.

Der Hebammenkreißsaal ist ein hebammengeleitetes geburtshilfliches Betreuungsmodell in der Klinik, in dem Hebammen eigenverantwortlich gesunde Schwangere vor, während und nach der Geburt ohne ärztlichen Geburtshelfer betreuen. Es richtet sich an die Zielgruppe der Frauen, die eine geringe Interventionsrate und eine hohe Betreuungskontinuität für ihre Geburt anstreben. Die Förderung der Eigenständigkeit sowie die Selbst- und Mitbestimmung der Gebärenden sind wichtiger Teil des Konzepts. Der Hebammenkreißsaal ist Teil der Geburtshilfe im Klinikum und stellt eine Erweiterung des bestehenden geburtshilflichen Angebots der Kliniken da. Im Bedarfsfall ist es jederzeit möglich den Arzt hinzuzuziehen, da beide Abteilungen eng zusammen arbeiten. Bei auftretenden Komplikationen kann die Schwangere oder Gebärende Frau jederzeit direkt und schnell an die Betreuung des üblichen Kreißsaals weitergeleitet werden.

In Deutschland finden 98% aller Geburten im Krankenhaus statt. In den Kliniken stehen aber überwiegend die medizinische Handlungslogik und -routine im Vordergrund. Die heutige Schwangerschaftsbetreuung und die Geburtshilfe sind stark geprägt durch das risikoorientierte Konzept der Geburtsmedizin. Die Betonung einer engmaschigen Überwachung biomedizinischer Parameter, mit dem Ziel Risiken aufzuspüren, lässt psychologische und soziale Aspekte der Frau zeitweise in den Hintergrund rücken.

Dem Bedürfnis vieler Frauen nach einer interventionsarmen Betreuung, die sich außerdem durch eine hohe Betreuungskontinuität durch ein der Frau bekanntes Hebammenteam bzw. einer bekannten Hebamme auszeichnet, wird in Deutschland bisher vorwiegend in der außerklinischen Geburtshilfe Rechnung getragen. In der klinischen Arbeitsorganisation ist bisher keine Betreuungskontinuität vorgesehen.

Viele Frauen entscheiden sich für die Klinikgeburt aufgrund des Sicherheitsgefühls einer sofortigen Verfügbarkeit medizinischer Notfallversorgung. Das Bedürfnis nach Selbstbestimmung in Bezug auf andere Aspekte der Geburt wird dem untergeordnet.

Das Versorgungskonzept des Hebammenkreißsaals bietet werdenden Eltern eine alternative Versorgungsmöglichkeit rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett, das die Ressourcen, Bedürfnisse und den Bedarf von Frauen ermittelt und in den Betreuungsfokus stellt und gleichzeitig dem Sicherheitsbedürfnis der Frauen gerecht wird.

Im Vergleich zwischen Hebammenkreißsaal und üblichem Kreißsaal zeigt ein Forschungsprojekt der Hochschule Osnabrück interessante Ergebnisse. „Demnach erlebten Frauen, die zum Gebären in den Hebammen-Kreißsaal kamen, öfter eine Entbindung ohne medizinische Eingriffe, wie beispielsweise Einleitung, Gabe von Wehenmitteln unter der Geburt sowie Geburtsbeendigung durch Sectio (Kaiserschnitt). Außerdem zeigte sich, dass das physische und psychische Wohlbefinden der Frauen, die im Hebammenkreissaal entbunden hatten, acht Wochen nach der Geburt besser war als bei Frauen, die im üblichen Kreißsaaĺ entbunden hatten. Neben diesen Effekten belegt die Studie, dass sich Hebammen-Kreißsäle wirtschaftlich lohnen.“ (Gesundheit und Gesellschaft Ausgabe 4/12 S. 27).

Der Hebammenkreißsaal ist eine echte Wahlalternative für Frauen und damit auch ein wichtiger Vorteil für Kliniken im Wettbewerb um Patientinnen.

Fraktion Die Grünen – rosa liste
Initiative:
Lydia Dietrich
Mitglied des Stadtrates