Antrag | 19.09.2019

Klimaneutrales München bis 2035 – Maßnahme 6: Urban Mining – der neue Standard für München

Antrag

Die LH München etabliert eine eigene Fachabteilung Ressourceneffizienz und Sekundärrohstoffe.

Die LH München macht zum Standard, dass

  • beim Abriss eines alten Hauses möglichst viele der alten Materialien recycelt und wiederverwendet werden.
  • beim Neubau städtischer Gebäude (Schulen, Kitas, Verwaltungsgebäude, Wohnungen) auf die Wiederverwertbarkeit der verbauten Materialien geachtet wird und das Prinzip der Kreislaufwirtschaft angewendet wird.

Dazu:

  • werden alle verwendeten Materialien dokumentiert und Informationen zur Wiederverwertbarkeit festgehalten.
  • werden für Dämmungen, Fassaden, Verdunklung, Decken- und Fußbodenbeläge nachwachsende oder sortenreine und damit leicht wiederverwertbare Materialien verwendet.
  • werden Gebäude so geplant, dass sie leicht für neue Zwecke genutzt werden können, z.B. durch hohe Decken für mögliche Büronutzung, hohe und breite Türen für Barrierefreiheit und Verlegung von Leitungen und Kabel in zentralen Versorgungsschächten

Begründung:

1992 wurde der Flughafen Riem geräumt. Schon damals gab es von der LH München sogenannte Freimachungskonzepte – ökologische Bausteine, um verantwortungsvoll mit den hier freigewordenen Ressourcen umzugehen und die Baustoffe der abgerissenen Infrastruktur zu nutzen. Damals wurde die Wiederverwendung und das Recycling des alten Materials nach Möglichkeit umgesetzt. In Anbetracht des gesteigerten Bewusstseins der Öffentlichkeit um den Klimawandel würde es heute eigentlich zum Pflichtprogramm der Stadt gehören, bei Abriss und Neubau auf Wiederverwertbarkeit von Materialien zu achten. Doch auch heute gibt es nur vereinzelt Ansätze dies zu verwirklichen.

In Deutschland und natürlich auch in München gibt es viele Gebäude aus den 50er-, 60er-, 70er- und 80er-Jahren, die jetzt zur Sanierung anstehen. Manche von diesen Gebäuden sind so marode, dass sie abgerissen werden müssen. Ca. 1500 t Material fallen beim Abriss eines Altbaus mit 10 Wohneinheiten an. Das Material aus dem Abbruch wird zwar zum Teil wiederverwertet, aber nicht im Bau neuer Häuser. Beton geht z.B. oft als Füllmaterial in den Straßenbau. Das ich nicht nachhaltig.

Allein acht Prozent der Treibhausgasemissionen gehen weltweit auf die Zementherstellung zurück, berichtet der WWF[1]. In der kleinen Stadt Korbach in Hessen wird aus diesem Grund gerade Baugeschichte geschrieben: Zum ersten Mal in Deutschland wird aus einem alten Gebäude durch Recycling ein neues Bauwerk erstellt. Der Anbau des Rathauses aus den 70er-Jahren soll ersetzt werden durch ein modernes, energieeffizientes Gebäude. Viele Rohstoffe, viel Arbeit und Energie sind in das alte Rathaus geflossen – und sollen nun, nach nur 50 Jahren, wieder beseitigt werden. Vorrangig sollten natürlich immer der Erhalt und die Sanierung alter Gebäude sein, doch war beides in diesem Fall wirtschaftlich kaum möglich und städtebaulich unerwünscht. Der Neubau in Korbach soll nun zu großen Teilen aus recycelten Materialien des Altbaus erstellt werden. Im Frühsommer diesen Jahres hat der Abbruch begonnen und die Materialien wurden sorgsam getrennt, gelagert, zerkleinert und wiederverwertet soweit das möglich war. Doch vieles war nicht zu recyceln, so z.B. mineralische Materialien, die auch in München noch häufig in Neubauten werden. Besonders schwierig ist das Recyceln von Material, das aus verschiedenen Grundstoffen besteht. Und am schlimmsten sind verklebte Materialien, da hier das eine durch das andere Material verunreinigt ist und deshalb nicht mehr sortenrein getrennt werden kann. In Korbach soll auch gezeigt werden, dass man besser bauen kann. Sodass die zukünftigen Stadtplaner es leichter haben, das Gebäude abzureißen und die Materialien wiederzuverwenden. Deshalb wird auf Verbundmaterialien und verklebte Abdichtungen hier zukünftig verzichtet. Das Satteldach wird aus Holz gebaut und mit einem reinen Zinkdach gedeckt.

Begleitet wird das Projekt von Prof. Annette Hillebrandt von der Universität Wuppertal, die auch den „Atlas Recycling“ veröffentlicht hat, in dem man Alternativmaterialien zu herkömmlicher Bauweise finden kann. Korbach will zeigen, dass der Bau eines neuen Gebäudes aus den alten Materialien geht – und das wirtschaftlich. Und dass man neue Gebäude „recyclingfreundlich“ bauen kann.

In München wird viel abgerissen und die Baubranche boomt. Die Stadt könnte mit diesem Standard in Zeiten des Klimawandels ein Zeichen setzen und für den Bau neuer Häuser in ihrem Einflussbereich Vorschriften erlassen, die das Recyceln für künftige Generationen leichter machen.

Wir bitten, wie in der Geschäftsordnung des Stadtrates vorgesehen, um eine fristgemäße Bearbeitung unseres Antrages.

Fraktion Die Grünen – rosa liste

Initiative: Sabine Krieger, Katrin Habenschaden, Herbert Danner, Anna Hanusch, Dominik Krause, Paul Bickelbacher

Mitglieder des Stadtrats

[1] Vgl. https://www.wwf.de/2019/april/zement-zerrt-am-klima/