Pressemitteilung | 15.04.2015

Kohleausstieg im HKW – Nord jetzt beginnen: sukzessive – flexibel

Kohleausstieg HKW Nord – grün-rosa Perspektive

Statt verbindliches Ausstiegsdatum für das HKW Nord – Jährliche CO2-Reduktion

Die CO2-Reduktion ist das Hauptziel aller Klimaschutzanstrengungen in München. Das gilt natürlich auch für die Energieversorgung der Stadt. Die SWM sind zwar mit der Ausbauoffensive Erneuerbare Energien vorbildhaft innerhalb der großen Energieversorger. Aber der Löwenanteil der Energie stammt, neben dem KKI Isar II,in München doch aus Kohleverbrennung im HKW Nord. Ob es möglich ist, frühzeitig aus der Kohleverbrennung im HKW Nord auszusteigen und welche ökologischen und ökonomischen Folgen das für die SWM und die LHM hätte, sollte das Gutachten klären, das die SWM in Auftrag gegeben haben.

Wir können die Empfehlungen des Gutachters nicht mittragen, denn sie berücksichtigen nur die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die SWM und nicht die ökologischen für die Stadt.

Das Heizkraftwerk Nord verursacht in seinem Kohleblock 17 % der Münchner CO2-Emissionen – ein erheblicher Anteil, wenn man bedenkt, dass das IHKM 2013 und 2015 mit seinen vielen ehrgeizigen Maßnahmen nur eine ca. 5%ige Einsparung der gesamten CO2-Emissionen in München erreicht (ohne die Maßnahmen außerhalb von München mitzurechnen). Das RGU hat in seiner Stellungnahme berechnet, dass eine Abschaltung des HKW Nord 2020 mittlere CO2-Reduktionskosten von 51 € pro Tonne verursachen würde. Das Förderprogramm Energieeinsparung hat CO2-Reduktionskosten von ca. 100 € durchschnittlich pro Tonne und Jahr und das IHKM von 74 € pro Tonne und Jahr. Da erscheinen 51 € pro Tonne doch nicht so viel, wie die Gesamtkosten von 420-600 Mio. € für 15 Jahre auf den ersten Blick suggerieren.

Gerade die Anlagen der SWM bieten ein breites Potential an Möglichkeiten, den CO2-Ausstoß in München zu senken. Diese sollten gerade im reichen München genutzt werden.

Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 % (Basisjahr 1990) zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, hat das Wirtschaftsministerium jetzt ein Eckpunktepapier zum Umgang mit den Kohlekraftwerken in Deutschland vorgelegt. Darin heißt es, dass die Kohlekraftwerke in Deutschland bis 2020 22 Mio. t CO2 einsparen müssen. Das Entscheidende dabei ist, dass die Zertifikate dafür stillgelegt werden sollen. Davon sind auch die SWM betroffen. Welche Auswirkungen das auf das Heizkraftwerk Nord und auf die GUD Anlage im HKW Süd haben würde, wollen wir mit einem Dringlichkeitsantrag im Ausschuss klären lassen.

Da diese Auswirkungen des Gabriel-Papiers noch nicht in das Gutachten eingearbeitet sind und sich die Rahmenbedingungen im Bund sehr schnell weiter verändern können, fordern wir ein neues Gutachten in einem Jahr. Auch danach macht es Sinn, in regelmäßigen Abständen die Auswirkungen von veränderten Rahmenbedingungen im Bund zu untersuchen. Denn gerade der Preis der Emissionszertifikate hat einen großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Brennstoffeinsatzes.

Jährliche CO2-Reduktion

Uns geht es vor allem um die Reduzierung der CO2-Emissionen. Wie die SWM das machen, bleibt ihnen selbst überlassen. Deshalb fordern wir auch kein festes Ausstiegsdatum für die Kohleverbrennung im HKW Nord. Die SWM müssen aber den CO2-Ausstoß, der durch die reine Kohleverbrennung im HKW Nord entsteht, ab 2015 jährlich um 10% reduzieren, bis die Gesamtemissionen des HKW Nord eingespart sind.

Die Hauptmaßnahme wäre die Verlagerung der Produktion auf das deutlich emissionsärmere HKW Süd mit Maximierung des Gasbetriebes. Damit könnten die CO2-Emissionen um fast 50 % reduziert werden.

Doch Gas ist teuer. Und die aktuellen Preise für Emissionszertifikate geben keinen Anreiz, auf das deutlich umweltfreundlichere Gas umzusteigen. Die Preise für Gas und Kohle hängen maßgeblich von der weiteren Entwicklung der Preise für die Emissionszertifikate ab. Zur Zeit sind über zwei Milliarden überschüssige Zertifikate auf dem Markt. Eine Änderung der EU-Politik, die überschüssigen Zertifikate langfristig vom Markt zu nehmen, ist nicht in Sicht, aber doch irgendwann möglich.

Zusätzlich könnte der schnellstmögliche Ausstieg aus dem reinen Kondensationsbetrieb (nur Stromerzeugung) und die Absenkung der Mindestlast des KWK-Betriebs auf 10-15% eine weitere Reduktion der CO2-Emissionen bringen. Beide Maßnahmen sind im Gutachten auch beschrieben. Sie sollen auch peu à peu umgesetzt werden. Alle diese und weitere Maßnahmen werden die Gewinne der SWM voraussichtlich, wie es das Gutachten beschreibt, reduzieren. Wir wollen nicht die Wirtschaftlichkeit der SWM gefährden. Deshalb schlagen wir vor, die Gewinneinbußen, die aus CO2-senkenden Maßnahmen entstehen, dadurch auszugleichen, dass die Stadt auf die Abführungen der SWM an die LHM verzichtet. Denn Klimaschutz ist Aufgabe der Stadt.

Power to Gas – erneuerbare und grundlastfähige Energie für Wärme und Strom – erfolgversprechend – ökologisch – visionär

Power to Gas ist für uns Grüne – rosa liste eine zukunftsfähige Perspektive auf dem Weg zur vollständigen Energieversorgung Münchens mit erneuerbaren Energien. Diese Technologie ist derzeit – nach erfolgreichen Pilotprojekten – auf dem Sprung, sich in der großmaßstäblichen Energieversorgung zu etablieren. Mit dieser Technologie könnten folgende Probleme behoben werden:

  • Nutzung überschüssiger Wind- und Solarenergie an ertragsreichen Tagen
  • Stabilisierung der Energiepreise
  • zuverlässige und grundlastfähige Versorgung des Münchner Fernwärmenetzes
  • deutliche Reduzierung von CO2 und vielfältigen Luftschadstoffen im Stadtgebiet

Damit diese umweltfreundliche Technologie der Münchner Energieversorgung zwischen 2020 und 2025 zur Verfügung steht, muss zügig in die Infrastruktur einer neuen Energieversorgungsanlage (gasbetriebenes Heizwerk oder Heizkraftwerk) investiert werden. Der Münchner Norden eignet sich besonders, da hier die technische Infrastruktur und die Anbindung an das Münchner Fernwärmenetz bereits vorhanden ist. Eine Aufgabe der Infrastruktur im Münchner Norden wäre deshalb betriebs- und volkswirtschaftlich nicht sinnvoll.

Wir regen deshalb ein Förderprojekt Power to Gas im Münchner Norden an, das spätestens im Jahr 2025 grundlastfähiger Bestandteil der Münchner Energieversorgung wird und das kohlebetriebene HKW Nord ersetzen soll. Für dieses Projekt sollten Fördergelder von EU, Bundesregierung und/oder Landesregierung akquiriert werden.

Geothermie-Versorgung im Münchner Fernwärmenetz

Die Nutzung der Tiefengeothermie mit Vorlauftemperaturen von 80 – 110°C im Münchner Stadtgebiet ist eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Option zur umweltfreundlichen und langfristigen Versorgung des Münchner Fernwärmenetzes. Die Bohrung für einen Geothermie-Standort in ca. 3 km Tiefe wird derzeit in Fachkreisen mit etwa 30 Mio. € kalkuliert. Die Wärme steht dann kostenfrei zur Verfügung, lediglich der elektrische Pumpenstrom muss noch bereitgestellt werden. Dies ist ebenfalls erneuerbar und dezentral möglich, z. B. durch Fotovoltaik. Die Anlage in der Messestadt hat sich – bezogen auf die Energiegewinne – über viele Jahre im alltäglichen Praxistest bewährt. Die Probleme mit der Rücklauftemperatur können durch verbesserte Wärmetauschertechnik wirkungsvoll behoben werden. Die grundlastfähige Geothermie sollte deshalb zügig ausgebaut und in die Lage versetzt werden, bis 2025 einen erheblichen Beitrag zur Versorgung des Münchner Fernwärmenetzes bereitzustellen. Deshalb fordern wir bis 2020 drei neue Standorte und anschließend pro Jahr einen neuen Standort mit Einspeisung ins Münchner Fernwärmenetz. Dies wird auch im Gutachten des Ökoinstituts als eine mögliche Option präsentiert, jedoch nicht mit der nötigen Priorität im Maßnahmenkatalog weiterverfolgt.

Schmutzige Kohle aus der Münchner Energieversorgung verbannen

Wir wollen als grün – rosa Stadtratsfraktion den Kohleanteil an der Münchner Energieversorgung schnellstmöglich, deutlich und nachhaltig reduzieren. Wir fordern aber, dass unverzüglich auch bei der – übergangsweise noch notwendigen – Kohlebeschaffung faire Standards und Menschenrechte eingehalten werden. Die LH München fordert das bereits seit vielen Jahren bei anderen Produkten (z. B. bei fairem Kaffee, keine Kinderarbeit bei Pflastersteinen, etc.). Außerdem dürfen durch den Abbau auch keine international bedeutsamen Naturschutzgebiete zerstört werden.

Laut SWM stammen nahezu 100 % der verfeuerten Kohle aus Überseeländern. Der Bericht „Globales Wirtschaften“ von Misereor und Germanwatch aus 2014 zeigt aber, dass Überseekohle im Wesentlichen aus Kolumbien und Südafrika stammt. Die Dokumentation „The dark side of the coal“ durch die niederländische Organisation pax for peace aus dem Jahr 2014 zeigt deutlich die menschenunwürdigen Umstände der Kohleförderung. Wir wollen Klarheit darüber erhalten, aus welchen Ländern die SWM ihr Kohle beschafft und unmissverständlich einfordern, dass Menschenrechte auch bei der Kohlebeschaffung eingehalten werden müssen – selbst wenn damit Preissteigerungen verbunden sind.