Antrag | 07.05.2013

Radlhauptstadt 2.0 – II

Radlhauptstadt 2.0

II. Ausbau und Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur für mehr, schnelleres und sichereres Radfahren !
Antrag

1. Das Haupt- und Nebenroutennetz für den Radverkehr in München wird soweit ausgebaut und verbessert, dass es – deutlich größere Radverkehrsmengen (25% Modal Split) bewältigen kann,

– eine zügige und sichere Befahrbarkeit gewährleistet wird und

– eine gleichzeitige Benutzung von Radfahrern mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten (10-30 km/h) möglich wird (Überholmöglichkeiten).

2. Dabei wird das Radverkehrsnetz um die Kategorie „Radschnellwege“ ergänzt, die zukünftig wichtige Tangentialverbindungen herstellen und die Innenstadtbezirke mit dem Stadtrand und den Umlandgemeinden verknüpfen. Für die Verknüpfung mit dem Umland wird die Kooperation mit den Nachbargemeinden intensiviert. Richtung Innenstadt werden die Radschnellwege als hochwertige Radtrassen fortgesetzt. Hierfür werden in möglichst vielen Straßen die derzeit vorhandenen vier Fahrspuren für den motorisierten Verkehr in zwei überbreite Fahrspuren plus zwei Radfahrstreifen umgewandelt.

3. Das gesamte Münchner Radverkehrsnetz mit einer derzeitigen Länge von ca. 1.200 km wird weiter flächenhaft ausgebaut. Hierzu gehören unter anderem die Öffnung von weiteren Einbahnstraßen für den gegenläufigen Radverkehr (Ziel: mind. 500 von 700), die Aufhebung der Benutzungspflicht aller Radwege, in welchen es rechtlich zulässig ist, die Einrichtung von mind. 200 Fahrradstraßen und die Schaffung von abkürzenden Durchlässen.

4. Konkrete Projekte und wichtige Lückenschlüsse mit beonders dringendem Handlungsbedarf sind Lindwurm-, Rosenheimer, Ludwig-, Leopold-. Dachauer, Schwanthaler-, Elisabeth-, Schleißheimerstraße und das Museumsviertel (Theresien-, Gabelsberger- und Luisenstraße)

5. Umverteilung von Straßenraum: Die Führung des Radverkehrs berücksichtigt ab sofort die Tatsache, dass aufgrund der aktuellen Entwicklungen (Pedelecs, technischer Fortschritt) die Fahrgeschwindigkeiten im Radverkehr zunehmen. Der höhere Platzbedarf des Radverkehrs wird in der Regel dem vorhandenen Verkehrsraum des motorisierten Verkehrs abgezogen. Der schnelle Radverkehr soll zukünftig entsprechend auf der Fahrbahn (Radfahrstreifen und Schutzstreifen) abgewickelt werden und wo notwendig die Geschwindigkeit des Kfz-Verkehrs reduziert werden, um dessen Fahrspuren verschmälern zu können und die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Der langsamere Radverkehr soll auf den vorhandenen baulichen Radwegen im Seitenraum geführt werden.

6. Bei der Umsetzung von Umbaumaßnahmen soll verstärkt mit Verkehrsversuchen gearbeitet werden, um die Auswirkungen und die Verträglichkeit verschiedener Lösungen testen zu können (Bsp.: Verkehrsversuch am Rotkreuzplatz in 2011).

7. Beim Betrieb des Radverkehrsnetzes wird stärker auf eine fahrradfreundliche Regelung an Baustellen geachtet. Die Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn ist die Regel. Das Schild „Radfahrer absteigen“ oder das „Zusammendrängen“ von Rad Fahrenden und zu Fuß Gehenden auf engstem Raum werden vermieden. Die Einhaltung entsprechender verkehrsrechtlicher Anordnungen wird von der Verwaltung konsequent überwacht.

8. Im Winter werden die wichtigsten Bestandteile des Fahrradnetzes in gleicher Qualität geräumt wie das Hauptstraßennetz. Hierfür erstellt das Baureferat ein Winterroutenräum- konzept.

9. Zur Verbesserung des Radverkehrsnetzes gehört auch der massive Ausbau von qualitativ hochwertigen Fahrradabstellmöglichkeiten im gesamten Stadtgebiet. Neben der Schaffung von möglichst vielen überdachten und diebstahlsicheren Abstellplätzen im öffentlichen Raum und an den Schnittstellen zum Öffentlichen Verkehr sollen in Erweiterung der städtischen Fahrradabstellsatzung durch die Auflage eines Förderprogramms Anreize gesetzt werden, damit Hausbesitzer, Wohnungseigentümer, Wohnungsbaugesellschaften und Hausverwaltungen die Abstellmöglichkeiten in und an Wohngebäuden quantitativ und qualitativ verbessern.

10. Bis zum Jahr 2020 soll auch die Anzahl der Bike&Ride-Stellplätze an den Übergängen zum Öffentlichen Verkehr von derzeit rund 28.000 auf mindestens 50.000 erhöht werden. An den drei großen Fernbahnhöfen (Hauptbahnhof, Pasinger Bahnhof und Ostbahnhof) ist die Kapazität mindestens zu verdreifachen und die Einrichtung von Fahrradservicestationen sowie automatischen Hoch- oder Tiefgaragen für Fahrräder zu planen und umzusetzen.

11. Für Stellplätze im öffentlichen Raum, z.B. vor Supermärkten oder anderen Stellen und Einrichtungen mit erhöhtem Bedarf wird die Umwandlung von KFZ-Stellplätzen in Fahrradstellplätze die Regel. Ziel ist bis 2020 stadtweit mindestens 3.000 neue Fahrradstellplätze durch die Umwandlung von Pkw-Parkplätzen einzurichten und damit das bisherige Angebot zu verdoppeln. An den größten Abstellanlagen sollen ergänzend öffentliche Fahrradservicestationen eingerichtet werden, die den Radlerinnen und Radlern Fahrradpumpen und Werkzeuge kostenlos zur Verfügung stellen.

 

Begründung:

Das gegenwärtige Fahrradnetz ist schon den aktuellen Ansprüchen und schon gar nicht dem Ziel eines auf 25% erhöhten Radverkehrsanteils gewachsen. Daher muss es in allen seinen Bestandteilen erweitert und verbessert werden. Besondere Bedeutung kommt der Trennung von schnellen und langsamen Radlern zu. So ist im Radverkehr die Geschwindigkeitsspanne (10-30 km/h = Faktor 3) höher als bei allen anderen Verkehrsmitteln im Stadtverkehr und führt zu unterschiedlichen Bedürfnissen von schnell und langsam fahrenden Radlerinnen und Radlern.

Dabei ist zur Vermeidung von ewig langen Planungszeiträumen, zur Kosteneinsparung und im Sinne einer besseren Bürgerbeteiligung vermehrt mit Verkehrsversuchen zu arbeiten, die konkrete Planungen im Rahmen von Provisorien zeitnah und befristet für die Verkehrsteilnehmer und die Bürger visualisiert und erfahrbar macht. Die Erfahrungen werden dann abgefragt und fließen in die spätere endgültige Realisierung ein.

Nur durch eine konsequente Ausdehnung auch des Angebots an hochwertigen Fahrradabstellmöglichkeiten, sowohl im privaten als auch im öffentlichen Raum, lässt sich das Fahrrad als gleichwertiges Verkehrsmittel und attraktive Alternative zum Pkw komfortabel und sicher in Quell- und Zielnähe abstellen. Die Umwidmung eines einzigen Autoparkplatzes schafft dabei Platz für 8 bis 10 Fahrräder, so dass der wertvolle öffentliche Raum durch Radlstellplätze deutlich effektiver genutzt wird. Besondere Bedeutung hat dabei eine attraktive Schnittstelle zum Öffentlichen Verkehr. Oft liegt das Hemmnis zur Fahrradnutzung aber schon an der Quelle zu Hause, weil viele Mieter oder Wohnungseigentümer nicht auf kürzestem Wege an ihre in schwer zugänglichen Fahrradkellern mit schweren Feuerschutztüren, verwinkelten Gängen und steilen Rampen versteckten Fahrräder herankommen. Hier sollen die aktuelle Fahrradabstellplatzsatzung der LHM und der Leitfaden zum Fahrradabstellen für Hauseigentümer und Hausverwaltungen durch die Verknüpfung mit finanziellen Anreizen z.B. in Form eines städtischen Förderprogramms stärker als bisher auch im Bestand in Wert gesetzt werden.
Fraktion Die Grünen-rosa liste

Initiative:

Paul Bickelbacher
Sabine Nallinger
Herbert Danner