Antrag | 20.08.2018

Recht auf Information ernst nehmen – Betroffene Frauen umfassend und neutral über Adressen zum Schwangerschaftsabbruch informieren

Antrag

Das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) stellt sicher, dass betroffenen Frauen bei allen staatlich anerkannten Beratungsstellen für Schwangerschaftsfragen (städtisch und in freier Trägerschaft) unbürokratisch und neutral alle aktuellen Adressen von Ärzten oder Kliniken und deren Methoden, die Schwangerschaftsabbrüche in München oder Umland durchführen (deren Einverständnis vorausgesetzt), zur Verfügung werden. Diese Vorgehensweise ersetzt die derzeitige Praxis des unwürdigen Vorgangs des Abschreibens von Adressen und/oder des nochmaligen Aufsuchens einer weiteren Beratungsstelle.
Die Städtische Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen stellt zukünftig die Liste mit Adressen der jeweiligen Ärzte/Kliniken (deren Einverständnis vorausgesetzt) in Form von Kopien sowie im Internet zur Verfügung und aktualisiert sie laufend.
Die im RGU angesiedelte Fachstelle Frau und Gesundheit wird beauftragt, die derzeitige Situation der Informationsbeschaffung über Schwangerschaftsabbrüche inklusive des gesetzlichen Rahmens und Vorgaben durch den Freistaat Bayern und der Vorgehensweise in anderen Großstädten bzw. Stadtstaaten darzustellen.
Die Vertreter der Krankenkassen im Gesundheitsbeirat München werden um eine Stellungnahme dazu gebeten, wie die Münchner Krankenkassen den Art. 6 Nr. 5 Bay. Schwangerenhilfegesetz handhaben, insbesondere wie sie ihren Patientinnen erforderliche Adresslisten zur Durchführung eines fristgerechten, rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruchs zur Verfügung stellen.
Begründung:
Die derzeitige Praxis ist diese: Ärzte, die über die Zusatzqualifikation verfügen, Schwangerschaftsabbrüche nach Paragraph 218 StGB durchzuführen, und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, geben ihr Einverständnis, dass ihre Adresse in die offizielle Liste aufgenommen wird, die ausschließlich der städtischen Schwangerschafts-beratungsstelle und den Krankenkassen zur Verfügung steht.
In der städtischen Beratungsstelle im RGU bekommen die Frauen die Liste vorgelegt und dürfen sich einige Adressen abschreiben. Fotografieren oder Kopieren ist nicht erlaubt. Diese Praxis ist für Frauen mit schlechten Schreibkenntnissen, Analphabetinnen oder für Frauen aus Sprachräumen mit anderen Schriftzeichen besonders problematisch. Zudem ist diese Liste nicht aktuell, sie enthält Adressen von Ärztinnen oder Ärzten, die bereits im Ruhestand sind.
Die staatlich anerkannten Beratungsstellen für Schwangerschaftsfragen in freier Trägerschaft erhalten diese Liste nicht, sie müssen die betroffenen Frauen an die städtische Beratungsstelle oder an die Krankenkassen verweisen. De facto sind diese Beratungsstellen also nicht gleichgestellt – was sie nach den Vorgaben des Schwangerschaftskonfliktgesetzes eigentlich sein sollten.
In dem Urteil des AG Gießen vom 24.11.2017, in dem die Gynäkologin Hänel verurteilt wurde, weil sie angeblich auf ihrer Website für Schwangerschaftsabbrüche geworben und somit gegen den § 219a verstoßen haben soll, heißt es: „Dem legitimen Bedürfnis der betroffenen Frauen nach Informationen über Ärzte, die bereit sind,den Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, wird ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass sie nach ausführlicher Information durch die Beratungsstelle – bei Fortbestehen des Abtreibungswunsches – die Liste der zur Abtreibung bereiten Ärzte erhält.“ Mit dem Vorgehen, einige Adressen aus einer Liste händisch abzuschreiben, ist dieses Recht auf Information nicht gegeben.
Es gibt die Verpflichtung, Frauen in der vorgeschriebenen Frist zu behandeln. Die gängige Praxis schikaniert Frauen, die sich in einer Notsituation befinden, und baut zusätzliche Hürden ein, die zudem noch manches Mal zu einer zeitlichen Verzögerung bis zum gewünschten Schwangerschaftsabbruch führt.
Andere Städte wie Berlin oder Hamburg stellen den Frauen diese Informationen bereits im Internet zur Verfügung. Dies ist durch ein Bundesgesetz geregelt, das in § 5 Schwangerschaftskonfliktgesetz besagt, dass die Beratung jede nach Sachlage erforderliche medizinische, soziale und juristische Informationen umfasst.
Keine Frau geht diesen Schritt leichtfertig und für alle Frauen stellt ein solcher Eingriff eine große psychische Belastung dar. Es ist dringend nötig, dass es Frauen nicht zusätzlich erschwert wird, in der vorgegebenen Frist einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch bei einem Arzt / Ärztin ihrer Wahl durchführen zu lassen.

Wir bitten, wie in der Geschäftsordnung des Stadtrates vorgesehen, um eine fristgemäße Bearbeitung unseres Antrages.

Fraktion Die Grünen-rosa liste
Initiative:
Anja Berger

Mitglied des Stadtrates