Stadtratsbeschluss zur Weiterentwicklung der fairen und nachhaltigen Beschaffung

Stadtratsbeschluss zur Weiterentwicklung der fairen und nachhaltigen Beschaffung

Der Münchner Stadtrat hat am 14.12.2011 einstimmig beschlossen, das städtische Einkaufs- und Vergabewesen noch fairer und nachhaltiger zu gestalten. Da ich mich seit Beginn meiner Amtszeit sehr für eine nachhaltige und faire Wirtschaftspolitik einsetze und die Federführung für diesen neuerlichen Vorstoß übernommen hatte, freue ich mich ganz besonders über dieses eindeutige Votum!

In Deutschland gibt die öffentliche Hand jährlich ca. 360 Mrd. Euro für Waren und Dienstleistungen aus. Das entspricht etwa 16 Prozent des Bruttoinlandsproduktes! 50 Prozent dieser Summe entfällt dabei auf die Kommunen. Das entspricht jährlich über 4.200 Euro pro Bürgerin und Bürger. Anhand dieser Zahlen wird deutlich, dass die Kommunen eine wesentliche Rolle auf den Märkten spielen. Daraus folgt die Erkenntnis, dass die Städten und Gemeinden durch ihre Einkaufs- und Vergabepraxis durchaus Einfluss nehmen können auf die Produkte, die am Markt angeboten werden.

Bis zu Beginn des Jahrtausends war das Beschaffungswesen streng nach Haushaltsrecht geregelt, wonach Sparsamkeit an oberster Stelle steht. Nicht zu Unrecht, denn mit Steuergeldern muss schließlich sorgsam umgegangen werden! Doch es hat sich herausgestellt, dass das ausschließliche Abstellen auf den Preis nicht als nachhaltig bezeichnet werden kann, weil hierbei der Produktionsprozess außer Acht gelassen wird – und somit die Bedingungen unter denen das Produkt erstellt wurde. Wir gelangten zu der Überzeugung, dass es ethisch nicht vertretbar sein kann, Steuergelder so zu verwenden, dass umweltschädliche oder ausbeuterische Arbeitsbedingungen gefördert werden. So war beispielsweise leider festzustellen, dass bei öffentlichen Bauaufträgen und auf Friedhöfen Grab- und Natursteine verwendet wurden, die oft unter katastrophalen Arbeitsbedingungen und mit ausbeuterischer Kinderarbeit erzeugt werden. Erscheint es aus ethischer wie ökologischer Sicht nicht mehr als fraglich, ganze Felsblöcke aus Indien oder China einzufliegen, weil diese allein aufgrund der ausbeuterischen Arbeitslöhne in den dortigen Abbaugebieten billiger sind, als die Steine aus heimischen Steinbrüchen? So wurde unsere Initiative gegen Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit geboren. Auch wenn der Stadtratsbeschluss, auf Münchner Friedhöfen nur noch Grabsteine zuzulassen, die nachweislich nicht aus ausbeuterischer Kinderarbeit stammen, zunächst durch den bayerischen Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt worden war, so wurde unsere Initiative doch in vielen Städten kopiert. Und das letztlich mit Erfolg, denn in diesem Oktober hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof entschieden, dass Kommunen sehr wohl das Recht besitzen, dies zu regeln. Es lohnt sich also für eine gute Sache zu kämpfen, auch wenn man manchmal einen langen Atem haben muss!

Mit einem bereits im Jahr 2002 gefassten Stadtratsbeschluss, im städtischen Beschaffungswesen nicht mehr ausschließlich auf den Preis, sondern auch auf soziale und ökologische Aspekte zu achten, übernahm die Landeshauptstadt München ebenfalls eine bedeutende Vorreiter- und Vorbildrolle: Allein in Deutschland sind mittlerweile mehr als 200 Städte und Gemeinden und mehr als die Hälfte der Bundesländer dem Münchner Beispiel für eine faire Beschaffung gefolgt. Auch die damals noch unsichere Rechtslage wurde inzwischen auf fast allen Ebenen angepasst und in vielerlei Hinsicht verbessert.

Nun wird die Landeshauptstadt die eigene Beschaffungs- und Vergabe-Praxis noch weitergehend nach sozialen und ökologischen Kriterien ausrichten und die Palette an Produkten, für die künftig entsprechende Siegel gefordert werden, nach und nach erweitern.

Zusammen mit dem Referat für Gesundheit und Umwelt und in enger Abstimmung mit allen betroffenen Dienststellen haben wir die nun beschlossene Stadtratsvorlage erarbeitet. Danach wird künftig beispielsweise bei Bauarbeiten darauf geachtet, dass nur noch solche Natursteine verwendet werden, die nachweislich nicht aus ausbeuterischer Kinderarbeit stammen. Selbiges soll auch für neue Sportbälle an Münchner Schulen gelten. Der Anteil fair und biologisch erzeugter Lebensmittel, Getränke und Blumen bei städtischen Veranstaltungen soll ebenfalls soweit wie möglich erhöht werden. Dies gilt auch für alle städtischen Kindertageseinrichtungen und Schulen.

Die neue Vergabepraxis soll außerdem auch auf städtische Betriebe, Zuschussnehmer und kooperierende freie Träger ausgedehnt werden.

Das langjährige erfolgreiche Engagement macht mich zuversichtlich, dass München hier ein besonderes Vorbild sein kann und wird – für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für private Unternehmen!